"Bundesvision Song Contest": Murks für Mutti
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Songs, so gleichgültig wie die Stimmung im Land: Bei Stefan Raabs "Bundesvision Song Contest" setzten sich Nullnummern durch - Bosses Siegertitel "So oder so" ist der ideale Soundtrack für das Deutschland der Angela Merkel.
Kurz vor Schluss, Niedersachsen und Hamburg lagen fast gleichauf, wollte Stefan Raab noch mal schnell für ein bisschen Spannung sorgen, wo partout keine aufkommen wollte: "Das scheint der größte Krimi in der Geschichte des BuVi zu werden", staunte er nicht schlecht gespielt über das vorläufige Endergebnis seines neunten "Bundesvision Song Contest".
Aber wer die Veranstaltung in den vergangenen Jahren verfolgt hatte, als Xavier Naidoo und Savas, Tim Bendzko oder Unheilig gewonnen hatten, der wusste schon zu Beginn der rund vierstündigen Marathon-Show, dass es am Ende auf die bereits etablierten Acts hinauslaufen würde - in diesem Fall Bosse (Niedersachsen), der am Ende auch knapp gewann, und Johannes Oerding (Hamburg), beide bereits auf relativ hohem Niveau erfolgreich. Kann es einen größeren Offenbarungseid für einen Song-Wettbewerb geben, der immer auch als Schaukasten für Nachwuchsbands verstanden werden will?Natürlich stimmt: Ohne bekannte Acts schalten den zunehmend quälenden National-Grand-Prix auf ProSieben wahrscheinlich bald noch weniger Zuschauer ein als die mickrigen 1,29 Millionen am Donnerstagabend. Die aktuelle Quote ist im Vergleich zum vergangenen Jahr (1,32 Millionen) zwar kein großer Absturz, aber die schwächste in der Geschichte des "Bundesvision Song Contest" bislang. Sogar beim parallel gezeigten,
noch langweiligeren "Promi Big Brother" auf Sat.1schalteten mehr Menschen ein: 1,79 Millionen sahen ab 22.15 Uhr zu.
Trash oder Mittelmaß
Und ein Schaufenster (und eine recht große Bühne) bekommen die Newcomer-Acts und neuen Künstler bei Raab natürlich auch dann, wenn sie nicht gewinnen. Man kennt jetzt die entzückende, vielversprechende Soulsängerin Luna Simao aus Lübeck, die erst 17 ist und sicher eine Popkarriere vor sich hat, wenn sie es richtig anstellt. Man weiß nun um die lustigen Bremer De fufftig Penns mit ihrem "Dialectro" genannten Plattdeutsch-Pop, irgendwo zwischen Fettes Brot und Deichkind, und man ist sich bewusst, dass es im Saarland einen pummelig-nerdigen Rapper namens DCVDNS gibt, dessen Old-School-Gangsta-Rap "Eigentlich sollte Nate Dogg die Hook singen" zu den besten Songs des Abends gehörte.
Aber, und das gilt auch in diesem Jahrgang für die Mehrheit der angetretenen Acts, man lernt auch eine Menge Bands kennen, die man am liebsten schnell wieder vergessen würde: Die bayerischen BWLer-Spießer von Charly Bravo mit ihrem schmierigen Elektropop "Dreckige Namen" zum Beispiel. Oder die gespielt schlampige Mädchengruppe mit dem haha-lustigen Namen The Toten Crackhuren im Kofferraum. OderBetroffenheits-Rapper Max Herre, noch so ein fast schon über-etablierter Act, der vermutlich nur mitmachen durfte, weil er demnächst als Juror in der ProSieben-Show "The Voice of Germany" sitzt und man die Crosspromotion mitnehmen wollte.
Beste Nachricht des Abends: Herre landete abgeschlagen auf dem achten Rang. Schlechteste Nachricht: Möchtegern-Springsteen Oerding und Weichbrot Bosse stachen den frischesten, stimmigsten und launigsten Act des Abends aus: Der Berliner Spaßrapper MC Fitti, ein YouTube-Phänomen, schaffte es nur auf Platz drei, hätte aber eigentlich den Sieg verdient gehabt. In einer besseren Welt, mit einem anderen Publikum.Gibt es denn wenigstens Poptrends, die man am "Bundesvision Song Contest" ablesen kann? Jein. Die Bendzko-Schnuffelbär-Sympathieträger-Masche (Bosse, Oerding, Pohlmann, Hannes Kinder aus Thüringen) zieht offenbar immer noch am besten beim ProSieben-Konsumenten, dicht gefolgt von HipHop und Verwandtem (MC Fitti, DCVDNS, De Fofftig Penns). Auch angesagt: Neue-Deutsche-Welle-Revival (Charly Bravo, Keule). Wer etwas anderes versucht, wie die Sachsen-Anhaltiner Rockband Adolar oder das sympathische, auf den letzten Platz verbannte Anarcho-Duo Guaia Guaia ("Ich werd' Terrorist"), sieht keinen Stich. Der Rest ist entweder Murks oder Mittelmaß. Oder zwar gelungen, kommt aber eben nicht gegen die Etablierten an.
"Du lebst, du lebst, du lebst... so oder so", heißt es in Bosses Siegersong in zeitgemäßer Scheißegal-Haltung. Das Land wählt halt die Songs, die es gerade so braucht.
Trash oder Mittelmaß
Und ein Schaufenster (und eine recht große Bühne) bekommen die Newcomer-Acts und neuen Künstler bei Raab natürlich auch dann, wenn sie nicht gewinnen. Man kennt jetzt die entzückende, vielversprechende Soulsängerin Luna Simao aus Lübeck, die erst 17 ist und sicher eine Popkarriere vor sich hat, wenn sie es richtig anstellt. Man weiß nun um die lustigen Bremer De fufftig Penns mit ihrem "Dialectro" genannten Plattdeutsch-Pop, irgendwo zwischen Fettes Brot und Deichkind, und man ist sich bewusst, dass es im Saarland einen pummelig-nerdigen Rapper namens DCVDNS gibt, dessen Old-School-Gangsta-Rap "Eigentlich sollte Nate Dogg die Hook singen" zu den besten Songs des Abends gehörte.
Aber, und das gilt auch in diesem Jahrgang für die Mehrheit der angetretenen Acts, man lernt auch eine Menge Bands kennen, die man am liebsten schnell wieder vergessen würde: Die bayerischen BWLer-Spießer von Charly Bravo mit ihrem schmierigen Elektropop "Dreckige Namen" zum Beispiel. Oder die gespielt schlampige Mädchengruppe mit dem haha-lustigen Namen The Toten Crackhuren im Kofferraum. OderBetroffenheits-Rapper Max Herre, noch so ein fast schon über-etablierter Act, der vermutlich nur mitmachen durfte, weil er demnächst als Juror in der ProSieben-Show "The Voice of Germany" sitzt und man die Crosspromotion mitnehmen wollte.
"Du lebst, du lebst, du lebst... so oder so", heißt es in Bosses Siegersong in zeitgemäßer Scheißegal-Haltung. Das Land wählt halt die Songs, die es gerade so braucht.
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